historisch, beschaulich, charmant

Internet

Vereine arbeiten an der SEPA-Umstellung des Zahlungsverkehrs – Bericht in der RNZ

Region Eberbach. Es gibt allerhand zu tun für die Hüter der Vereinsfinanzen, wenn sie bis zum 1. Februar 2014 die Umstellung auf das europäische SEPA-Zahlungsverfahren hinbekommen (siehe Hintergrund) und Mitgliedsbeiträge weiterhin per Lastschrift einziehen wollen. Denn automatisch läuft da gar nichts. Für bundesweit 500 000 Vereine, darunter auch etliche in Eberbach, Schönbrunn und Hirschhorn, bedeutet das meist: Mehrarbeit. Und die ist, wie ein Vereinschef augenzwinkernd bemerkte, „nicht unbedingt wertschöpfend“. Wieviel Aufwand für die Vereine im einzelnen dahintersteckt, hängt von den organisatorischen Voraussetzungen ab, die sie in Sachen Mitgliederverwaltung schon mitbringen. Nicht zu unterschätzen sind allerdings auch die persönlichen Voraussetzungen ihrer Kassiere: Sitzt da der IT-Fachmann und Betriebswirt am Ruder, ist das oft schon die halbe Miete, wie unsere Umfrage ergeben hat. Umgekehrt scheint aber gerade der Fachmann über Fragen zu stolpern, die sich dem „Laien“ möglicherweise erst im nächsten Jahr stellen werden. Eine Zwischenbilanz.

Völlig unbelastet sieht der Eberbacher „Kunstfreunde“-Kassier Günter Wiedemer SEPA entgegen: „Wir lassen uns die Beiträge von den Mitgliedern überweisen, Konzertkarten für Abonnenten gibt es gegen Rechnung“. Lastschriftverfahren? Nicht bei den Kunstfreunden.

Kein Problem kann auch Ute Bella, Kassenchefin des mit 2300 Mitgliedern größten Eberbacher Vereins TVE erkennen. Obwohl sie mit der Umstellung „noch ganz am Anfang“ ist. Bella hat sich auf einer Informationsveranstaltung ihrer Bank schlau gemacht. Und weil der TVE Online-Banking nicht erst seit gestern praktiziert, schätzt sie den Aufwand als nicht allzu groß ein. Viel schwerer als das Organisatorische wiege beim TVE aber die Kostenfrage: „Wir brauchen ein Software-Update, damit die SEPA-Tauglichkeit gegeben ist, und da müssen wir um die 500 Euro investieren“.

Für den MGV Schwanheim regelt Harald Göhrig das Finanzielle. Er verdient seine Brötchen im „Lohn- und Gehaltssektor“ und verwaltet als EDV-Fachmann die Vereinskasse schon über 25 Jahre elektronisch. Die Gläubigeridentifikationsnummer hat er sich bereits im März beschafft, „das war in 5 Minuten gemacht“; auch das Informationsschreiben an die Mitglieder war bei ihm im Handumdrehen eingelesen, „da waren wir wohl die ersten“. Etwa eine halbe Stunde hat Göhrig in die Umstellung investiert, „wir waren im März praktisch schon fertig“. Auf Infos von den Banken konnte er verzichten. Die größte Herausforderung sieht er jetzt auf sich zukommen: Die Schreiben an die 140 Mitglieder müssen kuvertiert und in die Briefkästen gesteckt werden. Göhrig macht auch das selber.

IT-Fachmann ist auch Reiner Lange, zuständig für 80 Hirschhorner „Altstadtfreunde“, hat aber dank SEPA schon einen Haufen Arbeit hinter sich. Lange musste die bislang „mit der Hand zu Fuß“ gemachte Vereinsbuchhaltung komplett elektronisch umstellen: Laptop kaufen, Software kaufen, Online-Banking einrichten. „Im Moment liegen wir damit schon in den letzten Zügen“, sagt Lange. Mitte bis Ende des Monats gehen die Infobriefe raus. Im Betrieb, schätzt Lange, dauert so ein Verfahren vier bis fünf Tage, „privat zieht sich das“. So hat Lange abgesehen von der allgemeinen Infoveranstaltung auch schon mehrere Bankbesuche hinter sich, um Formalitäten zu regeln und Detailfragen zu klären. In dieser Hinsicht, so seine Erfahrung, seien ihm die Mitarbeiter am Schalter keine große Hilfe gewesen. Sein Eindruck: SEPA ist auch hier noch nicht allen geläufig.

 

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung,

Region Eberbach Datum: 09/10.11.2013

Redakteur: Jutta Biener-Drews

Das Internet läutet die Zukunft der Vergangenheit ein – Artikel in der RNZ

Hirschhorn. „Wir haben jetzt sogar einen Auftritt im Internet“, verkündet Reiner Lange, frischgebackener Vorsitzender der Freunde der Hirschhorner Altstadt, voller Stolz. Eigentlich kam er zu diesem Posten „wie die Jungfrau zum Kinde“, schmunzelt der hochgewachsene Computerspezialist und Unternehmensberater und blättert in einem wunderschönen Postkartenalbum mit einer sagenhaft kostbaren Sammlung von historischen Schmuckstücken.

Alle Postkarten der unterschiedlichsten Epochen haben eines gemeinsam, Das Motiv: nämlich Hirschhorn. Aus allen Blickwinkeln und Perspektiven, zu jeder Tages- und zu jeder Jahreszeit. Mit Bäumen am Neckarufer, strotzend vor Laub im Sommer, mit dem frostklirrenden Hirschhorn unter einem weißen Laken verborgen im Winter. Schnee zart wie eine Decke aus Puderzucker bestäubt knorrige Äste an der Ersheimer Kapelle, die Burg blickt aus der Höhe stolz auf ihre weiß glasierten mittelalterlichen Fachwerkhäuschen herab.

Motive aus Hirschhorn des Jahres 1896 sind auf dieser Postkarte zu sehen. Repro: Rosa Wilken

Motive aus Hirschhorn des Jahres 1896 sind auf dieser Postkarte zu sehen. Repro: Rosa Wilken

Alles über Jahre gesammelte und liebevoll-akribisch archivierte Werke von Vater Heinz Lange, der von 1989 bis zu seinem Tode Anfang dieses Jahres Vorsitzender der Altstadtfreunde war. Auf manchen Postkarten sind Dinge zu sehen, die es längst nicht mehr gibt. Das Kriegerdenkmal vom deutsch-französischen Krieg 1870/71 am Anfang der Hauptstraße wurde Opfer der „Erneuerungsmaßnahmen“ der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, zerstört, zerschlagen und weggeworfen wie ein Stück Sperrmüll. Damals dachte man, ein solches Kulturgut sei schlecht und überflüssig, also nur ab mit den alten Zöpfen. Beschämend. „der Kopf des Kriegerdenkmals lag lange Zeit völlig unbeachtet auf dem Bauhof, irgendwann zerschlug man den aber auch noch“, sagt Reiner Lange mit einer Mischung aus Trauer und Verständnislosigkeit.

Zum Glück sind auch diese Zeiten längst Geschichte. Heutzutage besinnt man sich auf zwei der höchsten Kulturgüter überhaupt: die eigene Tradition und die Vergangenheit des Ortes, in dem man lebt, seine Kindheit verbracht hat, zur Schule gegangen ist, eine Familie gegründet hat, wo man zu Hause ist. So wie Reiner Lange, der einst Schüler der Neckartalschule war, durch Studium und Beruf später in vielen Städten zu Hause und doch irgendwie immer unterwegs, und der dorthin zurückgekehrt ist, wo seine Wurzeln sind.

Also lag es ja doch irgendwie nahe, nach dem Tod des Vaters auch dessen Amt als Vorsitzender der Altstadtfreunde weiterzuführen? Schließlich hat er ja die Arbeit des Vaters als kleiner Junge immer direkt verfolgen können.“Man hat mich direkt angesprochen“, schmunzelt Lange. Also, es war sogar ein wenig eindeutiger und frei heraus: „Reiner, du machst Das.“ Und so geschah es dann auch, zum großen Glück. Denn Reiner Lange ist mit seinen Computerkenntnissen für die junge Seite der Altstadtfreunde der große Wurf: der Kalender für 2012 mit Bildern von Hirschhorner Gaststätten, die der Zahn der Zeit verspeiste, und auch die brandneue Homepage entstammen seiner Gestaltung.

Ist im alten Schulhaus zu Hause: Reiner Lange, der Vorsitzende der Altstadtfreunde. Foto: Rosa Wilken

Ist im alten Schulhaus zu Hause: Reiner Lange, der Vorsitzende der Altstadtfreunde. Foto: Rosa Wilken

„Wir wollen mit dem Internet-Auftritt besonders junge Menschen für unsere Arbeit im Verein interessieren, sie sollen sich stets darüber informieren können, was so in unserer Altstadt passiert.“ Und da tut sich in letzter Zeit einiges: Gaststätten eröffnen, im Winter wird es eine Eisbahn geben. „Hirschhorn: historisch, beschaulich und charmant“, steht auf der Seite der Altstadtfreunde im Internet. Es bewegt sich was.

62 Mitglieder zählt inzwischen der Verein, Tendenz steigend. Das Ziel ist in der Satzung auf sein Wesentliches zusammengefasst: „Das Stadtbild der Altstadt Hirschhorn in seiner Gesamtheit, Wesensart und Struktur zu erhalten, zu pflegen und zu beleben.“ Für Reiner Lange ist dieses Ziel Herzblut und Hobby zugleich, der Ausgleich zu seiner Arbeit als Unternehmensberater. Manchmal sucht er nach Feierabend lange nach Postkarten von Hirschhorn im Internet, die er noch nicht hat. „Ich finde immer was“, freut er sich. Und wenn er abends seine Haustür aufschließt, die des ehemaligen Schulhauses in der Hauptstraße, da, wo die Zeit den Atem angehalten hat, dann tritt Reiner Lange von der Gegenwart in die Zukunft der Vergangenheit.



Quelle: 
Rhein-Neckar-Zeitung, Region Eberbach
Datum: 19.09.2011
Redakteur: Rosa Wilken
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